Die Heckenschere und das „Ding“
Was man als Hobbygärtner beim Kauf einer neuen Maschine erleben kann…
Geschrieben für die Hauszeitung meines Brötchengebers
Als wir vor etwa 15 Jahren unser Haus kauften, stand an der hinteren Grenze ein Maschendrahtzaun auf der leicht maroden Grenzmauer. Er war damals schon rostig und halb zerfallen. Wir überlegten uns, ob wir diesen ersetzen sollen. Wir entschieden uns dagegen und liessen stattdessen Thuja (Lebensbaum) pflanzen. Auf einer Länge von etwa 8 Metern setzte uns der Gärtner etwa 80 cm hohe Bäumchen. Wir wählten absichtlich eine langsam wachsende Sorte.
Die Hecke gedeihte prächtig und wuchs pro Jahr so um die 20 cm in die Höhe (Dünger sei Dank!). Nach etwa 10 Jahren sagten wir: „Wau, sind die gwachse! Weisch no wie chli die gsi sind?“.
Nach 12 Jahren: „Jetzt müend mer die denn bald mal chöpfe“.
Ein Jahr später: „Jetzt müend mer die Dinger denn bald mal chöpfe“.
Noch ein Jahr später…dieses Frühjahr:
„Längt öisi Leitere eigentlech no bes det ue?“ „Hmmm…“.
Der letzte Zeitpunkt für einen Rückschnitt ohne die Hilfe einer mobilen Hebebühne oder eines Gärtners war gekommen.
Rückschnitt. Schön und gut. Aber womit? Mit der zur „Heckenschere“ umgebauten Rasenkantenschere? Das Messer hat eine Länge von knapp 30 cm und in der Typenbezeichnung der Schere steht 85. Was gemäss Werbung soviel bedeutet wie: „Laufzeit mit einer Akkuladung mindestens 85 Minuten“. Dass das nur bei neuem Akku gilt, und man nachher mindestens 12 Stunden laden muss, steht natürlich nirgends. Für die ganze Hecke hätte das etwa 10 Akkuladungen bedeutet. Eigentlich wollte ich am Abend fertig sein. Mit diesem Spielzeug war dieses Projekt definitiv nicht umsetzbar.
Zum Glück wohnen wir nur einige hundert Meter vom nächsten Baumarkt entfernt. Es ist schon fast Tradition, dass ich diesem Laden an jedem Garten-Samstag einen Besuch abstatte. Irgendetwas fehlt im Sortiment des Haus- und Gartenbesitzers immer. Traditionen soll man bekanntlich pflegen.
Nach etwa einer halben Stunde war ich mit einer grossen Schachtel mit der Aufschrift „Bosch“ zurück.
Es gibt nichts Schöneres als auspacken! Weihnachten im Frühling! Mal sehen was zum Vorschein kommt:
- Eine Heckenschere (habe ich erwartet, siehe Bild). So ein richtiger Zweihänder.
- Eine Gebrauchsanleitung (lese ich normalerweise nicht).
- Und das „Ding“.
Das „Ding“ ist aus Kunststoff. Es sieht aus wie ein eingedampfter Kleiderbügel. Länge 12 cm, Breite 5 cm. Wozu soll das gut sein?
Kein Problem, wird ja in der Gebrauchsanleitung stehen. Gebrauchsanleitungen sind zwar etwas für Schattenparkierer, aber vielleicht hilft’s ja diesmal wirklich weiter.
Wowww: Rund 70 Seiten (in 13 Sprachen versteht sich)! Mit Schwedisch, Norwegisch, Griechisch und Türkisch kann ich leider nicht viel anfangen. Immerhin ist meine Lieblingssprache (Deutsch) am Anfang, gleich hinter den Zeichnungen (das mit den Zeichnungen haben sie sicher bei IKEA geklaut).
Also, nehmen wir „Deutsch“. Zuerst eine volle Seite mit Sicherheitshinweisen. Das muss ja ein gewaltig gefährliches Teil sein, das ich da gekauft habe. Na ja, den Heimwerkern von heute muss man ja wirklich alles sagen:
- Heckenschere niemals am Messerbalken anfassen
- Niemals Kindern erlauben die Heckenschere zu benutzen
- Nicht barfuss arbeiten
- etc. …
Dann kommen die „Gerätekennwerte“ für 7 verschiedene Scheren (ich habe nur Eine).
„Bestimmungsgemässer Gebrauch“: „Das Gerät ist bestimmt für das Schneiden und Stutzen von Hecken und Büschen in Haus- und Hobbygärten“.
Also definitiv nicht zum Haarschneiden und zum Kürzen der Fingernägel. Danke für den Hinweis!
Lieferumfang: Heckenschere, Messerschutz und Bedienungsanleitung. Kein Wort zum „Ding“!
Dann zur Abwechslung wieder „Zu Ihrer Sicherheit“ ….
Dann endlich „Inbetriebnahme“: „Einschalten: Den Ein-/Ausschalter am hinteren Griff (5) drücken und halten. Schalthebel (3) drücken“. He! Ihr habt vergessen, dass man noch ein Kabel anschliessen soll! So manch einer wird da selbst nicht drauf kommen!
Aber immer noch nichts zum „Ding“. „Arbeiten mit der Heckenschere“, „Wartung und Reinigung“, … „Zubehör“.
Dann das Kapitel „Fehlersuche“: Wenn die Maschine nicht läuft, Stecker einstecken! (Wusste ich ja schon!), gefolgt vom Kapitel „Entsorgung“ (Will ich jetzt definitiv noch nicht! Zuerst wird gearbeitet), „Kundendienst“ (Alle Telefonnummern beginnen mit 0049 („La Suisse n’existe pas“) und einer „Konformitätserklärung“ mit den Unterschriften von Dr. Engelbert Schneider (Senior Vice President Engineering) und Dr. Eckerhard Strötgen (Head of Product Certification). Nach der Gefährlichkeit der Maschine zu Urteilen: Bestimmt Doktoren der Medizin (Orthopädie, Handchirurgie). Ob die Zwei wissen wozu das „Ding“ gut ist?
Ich gab fürs Erste auf. Die Hecke wartete. Mit dem richtigen Werkzeug macht die Arbeit doch richtig Spass! Verlängerungskabel einstecken und „Tschrrrrr …“. Los geht’s. Mit dem Zweihänder fühlt man sich sofort wie König Arthur mit seinem Zauberschwert Excalibur. Es soll mir ja niemand zu nahe kommen. Mit dieser Waffe bin ich unbesiegbar! Tschrrrr, Tschrrrr, Tschrrrr…
Die Hecke hatte jedenfalls keine Chance!
Nach rund zwei Stunden „Tschrrrr, Tschrrrr…“ und gefühlten 983 Leiterbesteigungen hatte ich die Hecke auf das gewünschte Mass zurückgeschnitten. Alle meine Extremitäten blieben heil (Mein Dank an die Sicherheitshinweise!). Nicht ein einziges Pfläschterli habe ich benötigt!
Das Ergebnis sah nicht mal übel aus. Ich erreichte auf Anhieb einen WAF von etwa 0,9 (WAF = Womans Acceptance Factor, Skala von 0.0 bis 1.0).
Es geht also definitiv auch ohne das „Ding“. Die Schachtel habe ich fachgerecht im Altkarton entsorgt. Das „Ding“ legte ich für weitere Nachforschungen auf meinen Werktisch im Keller.
Auf dem „Ding“ steht noch so einiges geschrieben:
- Schulte-Safety-Systems ®
- TÜV-Geprüft
- Typ 530 DBGM
- Made in Germany
- Schulte Elektrotechnik, Lüdenscheid
Googeln nach diesen Begriffen („Made in Germany“ habe ich weggelassen) brachte mich auch nicht zur Lösung. Immerhin hatte ich inzwischen einen Verdacht für das „Wozu“, aber noch absolut keinen Plan für das „Wie“.
Letztendlich fand ich ein Bild einer ganz anderen Gartenmaschine mit einem solchen „Ding“ dran. AHAAAAA…! Ganz schön praktisch, wenn man neben dem „Wozu“ auch noch weiss „Wie“.
Liebe Leser: Wer kann mir sagen wozu dieses „Ding“ gut ist, und wie man es anwendet?
Hier ein Bild vom „Ding“ so wie es meiner Heckenschere beilag:
Viel Spass beim „Forschen“!
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Diese Ding wird für Elektrokabel benutzt und wirkt als Schutz vorm Ausziehen des Kabels währen der Bewegung. Der Kabel geht den breiten Loch (am Bild ganz links) rein, wird an den Haken ‚gehängt‘ und festgezogen. Der runde Loch ist zum anhängen an das gerät.